Medizin+Kunst

Im Jahr 1989 gründete der Münchner Kunstschaffende Prof. Franz E. Schilke das Ärztemagazin MEDIZIN+KUNST als einziges Kulturjournal für den Arzt in Praxis und Klinik, das 26 Jahre lang – bis zum 31. Dezember 2015 – auf hohem Niveau die bildende Kunst und die Humanmedizin kulturell bereicherte.

Medizin+Kunst 1/1989

Das Kunst- und Kulturverständnis unter Medizinern gilt als sehr verbreitet. Ärztliches Handeln wird in der Wissenschaft als Kunstform bezeichnet und Fehlleistungen werden vorrangig dort als Kunstfehler diskreditiert. Darüber hinaus gelten Ärzte – auch international gesehen – als die geistige und moralische Elite der Erfolgreichen, werden als „Anywheres“ betitelt, die dank ihres Berufsbildes überall leben könnten. Ihre Hinwendung zur bildenden Kunst ist groß. Ausstellungen in Praxen und Kliniken gehören zum Alltag. Die Sammelleidenschaft zeigt sich hier besonders ausgeprägt, und Ärzte als Künstler auf den unterschiedlichsten Gebieten gibt es häufig, so dass man gewiss sein konnte, dass MEDIZIN+KUNST als Ärztemagazin mit dieser kulturellen Ausrichtung einen durchaus intellektuellen Markt nachhaltig erschließen würde, um wirtschaftlich zu reüssieren, was in der Folge auch 26 Jahre lang eindrucksvoll gelang.

Bei den ersten professionellen Schritten auf diesem Gebiet unterstützte die Werbeagentur Wefra in Frankfurt am Main unter der Leitung von Dieter Haack verlegerisch den Herausgeber und Autor Franz E. Schilke.

Ihm zur Seite stand die gesamte Familie, allen voran seine Ehefrau Elke Schilke, die bei der Pharmazie die finanzielle Basis schuf, um die rund 30.000 ärztlichen Leser viermal im Jahr mit MEDIZIN+KUNST zu versorgen. Dr.med. Gertrud Schilke übernahm den medizinischen Teil, um auch hier essentielle fachliche Zeichen zu setzen. Die Söhne Rüdiger und Alexander Schilke waren für die Gestaltung, das Layout und die fotografische Seite zuständig, mit dem Ziel, unabhängig von dritter Seite das Design des Magazins zu entwerfen sowie jugendlichen Schwung, Kreativität und das damit verbundene Weltbild in jede Ausgabe zu integrieren.

Hergestellt wurde MEDIZIN+KUNST von der Druckerei Wesel in Baden-Baden unter der Leitung von Günter Meutsch, der außerordentlich sorgfältig und mit großer persönlicher Hingabe MEDIZIN+KUNST druckte und dadurch mit dazu beitrug, dass ein Magazin geschaffen wurde, welches nicht nur für kurze Zeit interessant, sondern auch als Sammlerstück und Nachschlagewerk lang andauernde Gültigkeit besitzen sollte. Wir erinnern uns noch gerne an seine vielen Besuche hier in München und die kreative, sehr persönliche Hinwendung zu dem ärztlichen Journal, das auf Grund seiner hohen drucktechnischen und bildlichen Qualität sogar mehrfach ausgezeichnet wurde.

Getragen von diesem Personenkreis, publizierten wir im Oktober 1989 die erste Ausgabe von MEDIZIN+KUNST. Zum Titelbild avancierte die Abbildung der spektakulären Ganzkörperplastik des „Lymphgefäßmannes“, ein Wachspräparat aus dem Institut für Geschichte der Medizin an der Universität Wien, das an den Leib Jesu aus Michelangelos Pieta im Petersdom erinnert, begleitet von einem umfassenden redaktionellen Leitartikel. Einen weiteren Höhepunkt bildete der Bericht über das Deutsche Medizinhistorische Museum Ingolstadt unter der Leitung von Prof. Dr.med. Christa Habrich, die dem Leser einen profunden Einblick in die Geschichte der Medizin vermittelte. In der Kunst ließen wir Joseph Beuys und Andy Warhol posthum zu Wort kommen – im Rahmen einer Ausstellung in der Galerie Schellmann & Klüser aus dem Jahr 1979, bei der die Künstler damals persönlich zugegen waren, um einen Portrait-Zyklus, den Warhol zuvor von Beuys geschaffen hatte, gebührend zu feiern. Batuz und Gisela Becker, beide phantasievolle zeitgenössische Maler aus New York, mit dem Willen, Neues, Niedagewesenes zu schaffen, sowie der Münchner Malerfürst Franz von Stuck, der um die Jahrhundertwende mit dekorativen Gemälden zu den ganz großen Kunstschaffenden des Jugenstil zählte, rundeten den kulturellen Teil jener ersten Ausgabe ab. Auf jenem hohen Standard basierten alle nachfolgenden Magazine, um MEDIZIN+KUNST in dieser Kombination dauerhaft an die ärztliche Leserschaft zu binden.

Bereits 1991 veröffentlichte MEDIZIN+KUNST eine Listung der 100 international bedeutendsten Kunstschaffenden  der Gegenwart. An der Spitze standen damals die US-Amerikaner Jasper Johns, Robert Rauschenberg und Roy Lichtenstein – alle der Pop-Art zugewandt. Ihnen folgten die bundesdeutschen Vertreter der Neuen Malerei, Sigmar Polke, Anselm Kiefer, Georg Baselitz und Gerhard Richter sowie auf weiteren Plätzen Bruce Nauman, Jeff Koons und Marina Abramovic. Zahlreiche der damals Gelisteten führen heute noch internationale Rangordnungen an und zeigen, dass MEDIZIN+KUNST in seinen Bewertungen durchaus zukunftsweisend war.

Auch eine jährliche Listung der bedeutendsten bundesdeutschen Mediziner fand in MEDIZIN+KUNST schon  1992 statt. Sie gestaltete sich zumindest im ersten Jahr in Bezug auf den Spitzenplatz als besonders einfach – nach der Verleihung des Nobelpreises für Medizin an Prof. Dr.med. Bernd Sakmann, der für seine Bahn brechende Entdeckung im Bereich der Zellphysiologie ausgezeichnet wurde, gefolgt von Prof. Dr. med. Georg Bornkamm, der den Leibnitz-Preis erhalten hatte. Ihnen folgten auf den jeweiligen Fachgebieten die Professoren Pichlmayr, Hetzer, Semm, Lauritzen, Schettler, Mehnert, Hippius, Borelli und Hollmann. Diese Hervorhebungen wiederholten sich jährlich in den nachfolgenden Ausgaben und galten für viele Mediziner als Kaleidoskop ärztlichen Renommees.

Zu den in MEDIZIN+KUNST am meisten publizierten Kunstschaffenden zählten Pablo Picasso und Salvador Dali, ebenso wie Joseph Beuys und Andy Warhol sowie im aktuellen Bereich Bruce Nauman, Sigmar Polke und Jeff Koons.

Die häufigsten Titelbilder basierten auf Werken von Gottfried Helnwein – MEDIZIN+KUNST hielt ihn für den kreativsten und intellektuellsten Maler zu Beginn des 21. Jahrhunderts, obwohl zahlreiche seiner Hauptarbeiten bereits aus dem 20. Jahrhundert stammen. Das zentrale Thema seiner hyperrealistisch gemalten Bilder und verfremdeten Fotografien war das Kind als verletztes, gedemütigtes und missbrauchtes Wesen. Darüber hinaus widmete sich Helnwein künstlerisch dem jeweils aktuellen Zeitgeschehen ebenso wie dem nationalsozialistischen Erbe und den perfiden Mechanismen des Faschismus. Seine schockierenden Szenarien, in denen Gewalt an Kindern, das NS-Regime und der Umgang mit NS-Verbrechern thematisiert und angeklagt wurden, verdeutlichten wir eindrucksvoll in MEDIZIN+KUNST den ärztlichen Lesern.

Ganz anders, jedoch nicht weniger wirkungsvoll für den Betrachter, präsentierten sich die Werke von Michael Cleff III. aus Bamberg, der ebenfalls zu den meistbesprochenen Kunstschaffenden in MEDZIN+KUNST zählte. Er malt in klassischer Manier vorzugsweise lebensnahe Portraits wie jene von Wolfgang Wagner ebenso wie von Hans-Dietrich Genscher, Königin Elisabeth II., Roman Herzog, Gerhard Schröder, Helmut Qualtinger, Maximilian Schell, oder den Magiern Siegfried & Roy aus Las Vegas – um aus der Fülle der Portraitierten nur einige wenige zu nennen, die auch bei uns publiziert wurden.

Mehrfach fanden die Werke von Sigmar Polke Einzug in MEDIZIN+KUNST. Wie keiner der ganz Großen in der zeitgenössischen Kunst verstand er es, durch häufige Stilwechsel zu beeindrucken und zu überzeugen. Seine ungebrochene Kreativität verlieh selbst trivialem Dekor poetische Züge – in einem intellektuellen, hochartifiziellen Berührungsgefüge, das es für den Betrachter zu entschlüsseln galt. MEDIZIN+KUNST hielt Sigmar Polke in der Beuys-Nachfolge – noch vor Gerhard Richter, Georg Baselitz und Anselm Kiefer – zeitweise für den wichtigsten zeitgenössischen Kunstschaffenden. 

Kitsch als Kunst – schrieben häufig Kritiker über Jeff Koons’ umstrittene Werke. Wir sahen dies in MEDIZIN+KUNST allerdings ganz anders und berichteten häufig über ihn. Der Kunstmarkt gab uns Recht; seit dem 12. November 2013 gelten Koons’ Werke als die teuersten eines lebenden Kunstschaffenden. Das war bei ihm nicht immer so. Während seiner europäischen Zeitspanne in München und Rom  – gemeinsam mit der damaligen Skandalnudel Ilona Staller – war die Kasse sehr oft leer. Man hielt sich mit eindeutigen Darstellungen sexueller Praktiken finanziell über Wasser. Doch der Erfolg ließ dank Koons’ Kreativität und seines großen Verkaufsgeschicks nicht lange auf sich warten. In der letzten Ausgabe von Medizin +Kunst berichteten wir über das Auktionshaus Christies in New York, das für sage und schreibe 58,4 Millionen US $ sein Werk „Balloon Dogs“ (Orange) versteigert hatte.

Auch Gunter Sachs gelangte als Fotograf auf den Titel von MEDIZIN+KUNST. Wir setzten ihn 1996 sogar auf Platz 100 der bedeutendsten Kunstschaffenden weltweit. Sachs bedankte sich überschwänglich für diese Platzierung. “Er sei nun nach Helmut Newton und Annie Leibovitz die Nummer 3 unter den  Fotografen  weltweit – als ehemaliger Playboy sei das großartig“, behauptete er zu Recht. Zwar gab es einige, die dem widersprachen, doch Sachs’ Motive und seine fotografischen Arbeiten zeugen noch heute von einzigartiger Schönheit und Ästhetik. Selbst als Sammler zeitgenössischer Kunst machte sich Sachs einen Namen, wie die Versteigerung zwei Jahre nach seinem Tod – am 24.5.2013 – bei Sotheby’s in London zeigte, die mehr als 50 Millionen Euro für seine Erben einbrachte.

Dass auch chinesische Kunstschaffende in der Lage sind, sich mit Motiven alter europäischer Meister virtuos auseinander zu setzen, bewies eindrucksvoll in MEDIZIN+KUNST immer wieder Yongbo Zhao. Er verfremdete altbekannte Sujets, verlieh ihnen andere Inhalte und führte in seiner sehr skurrilen Betrachtungsweise sein künstlerisches Empfinden bei der Auseinandersetzung mit der europäischen Geschichte in eigenwilliger surrealistischer Manier dem ärztlichen Leser vor Augen.        

Insgesamt stellte MEDIZIN+KUNST etwa 600 zeitgenössische Kunstschaffende vor – von den 100 wichtigsten auf den Gebieten Malerei, Bildhauerei und Fotografie nahezu alle. Auch sonst galt es stets, interessanten Kreativen den Weg in die künstlerische Zukunft zu bahnen – hier war MEDIZIN+KUNST ein förderndes Medium. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang besonders der Münchner Galerist Peter Rutzmoser, der als Vertreter klassischer Malerei sein Interesse ausschließlich zeitgenössischen Kunstschaffenden widmete, die in der Lage waren, phantasievolle realitätsnahe Gemälde zu kreieren, welche häufig in MEDIZIN+KUNST ihren Niederschlag fanden und auf Grund ihrer herausragenden Sujets die Leser nachhaltig beeindruckten.

Naturgemäß räumten wir auch den großen alten Meistern Platz ein – oft in Verbindung mit Ausstellungen. Namen wie Sandro Botticelli, Peter Paul Rubens, Hieronymus Bosch, Anthonis van Dyck, Lucas Cranach, Tizian, Tintoretto, Diego Velazquez, El Greco oder Albrecht Dürer fanden sich in den unterschiedlichen Ausgaben wieder, galt es doch neben der Moderne und der zeitgenössischen Kunst auch die exzellenten Werke alter Meister unseren ärztlichen Lesern zu präsentieren,

Zu den wichtigsten Medizinern, die mit interessanten Beiträgen auf beiden Gebieten das  Magazin bereicherten, zählte Prof. Dr.med. Hans-Jürgen Möller, Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik an der LMU in München. Er war nicht nur der zeitgenössischen Kunst zugetan – mit Berichten über Sati Zech, Pomona Zipser und Beate Schubert, sondern auch der Architektur im Rahmen der Erhaltung des riesigen denkmalgeschützten Gebäudekomplexes, der heute – prachtvoll erneuert – jedweden Schrecken einer einstigen psychiatrischen Anstalt verloren hat. Selbst seine Ehefrau, Prof. Dr. Anna Maria Möller-Leimkühler, ebenfalls im selben Haus tätig, schaffte es auf den Titel von MEDIZIN+KUNST – im Rahmen ihres brillanten Auftritts als Sängerin im neu renovierten Cuvilliés-Theater mit Partituren schwieriger französischer und italienischer Opernarien – als künstlerischer Höhepunkt des Internationalen Psychiatriekongresses 2008 in München.

Die Bilder von Möllers Sammelleidenschaft konnte oder kann man nicht nur in der Klink betrachten, sondern auch in seiner Feldafinger Villa, ebenso wie in seinem italienischen Feriendomizil, das der Musikwissenschaftler Dr. Klaus Richter in MEDIZIN+KUNST No. 4/2015 eindrucksvoll beschrieb.

Ganz anders, jedoch nicht minder spektakulär und profund, waren die Beiträge von Prof. Dr.med. Gerd Plewig, Direktor der Dermatologischen Universitätsklinik an der LMU München, über die künstlerischen Objekte seiner weit reichenden Sammlung. Sie füllte 2004 sogar eine Spezialausgabe von MEDIZIN+KUNST für die Dermatologen. Darin gab es afrikanische Masken und Skulpturen zu bewundern ebenso wie prächtige Atlanten der Dermatologie und Venerologie aus dem 19. Jahrhundert oder Gemälde von Joseph Sachs, einem Amerikaner aus Philadelphia, in gleicher Weise wie Portraits von Charles N. White, der in London zu Hause ist. Nicht zu vergessen die großartigen Gemälde des amerikanischen Surrealisten Leon Kelly. Sie spiegelten in Ausschnitten den  Reichtum von Plewigs Kollektion wider.

Auch sein Nachfolger an der Dermatologischen Universitätsklinik, Prof. Dr.  Thomas Ruzicka, war 2010 Titelheld von MEDIZIN+KUNST. Ähnlich seinem Vorgänger zeigte sich auch bei ihm eine ausgeprägte Sammelleidenschaft, jedoch verstärkt der zeitgenössischen Kunst zugewandt. Selbst die weiträumigen Eingangsbereiche der Dermatologie dienten Ruzicka als Ausstellungsfläche, um befreundeten Kunstschaffenden Räume zu überlassen, in denen sie ihre Arbeiten präsentieren konnten. Zahlreiche dieser Kreativen wurden auch in MEDIZIN+KUNST den ärztlichen Lesern vorgestellt.

Prof. Dr. med. Bruno Reichart, Nachfolger des weltberühmten ersten Herztransplantationschirurgen Prof. Dr. Christiaan Barnard am Groote-Schuur-Hospital in Kapstadt, zeigte sich in München den Schönen Künsten zugewandt und hier im Besonderen der Malerei. Wie er mit gekonntem Strich Gesehenes auf das Papier brachte, reflektierten wir anschaulich in MEDIZIN+KUNST. Reichart war und ist allerdings nicht nur der bildenden Kunst und deren Interpreten zugetan, sondern auch dem Theater und dem Zirkus.

In der Medizin galt der Neurologe Prof. Dr.med. Thomas Brandt als international anerkannter Experte in den Bereichen Vertigo, der Gleichgewichts- und Augenbewegungsstörungen. Auf künstlerischem Gebiet hat sich Thomas Brandt der Skulptur zugewandt; hier versteht er es beispielhaft, in einer gewissen Anlehnung an Henry Moore fantasievolle Plastiken zu schaffen, die durchaus reale Bezüge in sich bergen. MEDIZIN+KUNST stellte 2007 ihn und seine großformatigen Bronzen in seiner Starnberger Villa vor und widmete ihm das Titelbild.

Der Medizinrechtler Prof. Dr.med. Dr.iur. Alexander Ehlers bereicherte in den letzten Jahren MEDIZIN+KUNST buchstäblich in jeder Ausgabe mit jeweils einem hoch interessanten redaktionellen Artikel über seine umfassende Sammlung zeitgenössischer Kunst. In nachhaltiger Erinnerung wird uns das ihn darstellende Titelbild – gemeinsam mit der Malerin Tamara K. E. – der Ausgabe No. 4/2006 bleiben, auf dem beide eine Szene aus Alfred Hitchcock’s  Film „Der falsche Mann“ nachspielten. Selbst der Bericht über seinen Fußmarsch von München nach Venedig durch die Alpenregion wurde in MEDIZIN+KUNST zu einem kulturellen Ereignis ebenso wie seine Exerzitien in Rom. 

Prof. Dr.med. Dr. phil. Axel Hinrich Murken, Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin am Universitätsklinikum Aachen, war ebenfalls mit Beiträgen mehrfach in MEDIZIN+KUNST vertreten. Zuletzt stellte er seine Ehefrau, die Malerin Christa Murken, unseren ärztlichen Lesern vor. Er führte dazu aus, dass in ihren Gemälden die menschliche Aussage indirekter und symbolträchtiger zum Tragen käme. Nahezu spielerisch und leicht würden der Mensch und die Natur in ihren charakteristischen Formen zum Ausdruck gelangen. Wir konnten seine Interpretation sehr gut nachvollziehen.

Unter dem Pseudonym Kaspar Damian Hosp präsentierte der renommierte Diabetologe Prof. Dr.med. Karl Dietrich Hepp sein vielschichtiges Werk, das aufgrund seiner Farbigkeit und der formalen Ausführung  für sich selbst spricht. Wir sahen in MEDIZIN+KUNST Hepps Bezüge zu vermeintlich vergessenen figurativen Überlieferungen in der Malerei, die er intuitiv in Flächen und Formen umsetzte. Die Ergebnisse sind beeindruckende Gemälde, die den Betrachter – sprichwörtlich gesehen – in den Bann ziehen, so auch uns. Zahlreiche redaktionelle Artikel in MEDIZIN+KUNST über sein künstlerisches Werk verdeutlichten unseren Standpunkt nachhaltig.

Dem Vater der Pille, Prof. Dr. Carl Djerassi, später an der Stanford University in San Francisco zu Hause, gelang es 1950 als Forscher, das Sexualhormon Norethisteron künstlich herzustellen und – darauf aufbauend – die Antibabypille zu entwickeln. Der Kunst war Djerassi in vielfacher Hinsicht zugewandt. Wir berichteten in MEDIZIN+KUNST über ihn als Schriftsteller und Autor mehrerer Theaterstücke ebenso wie als bedeutenden Sammler von Werken Paul Klees, die er in seinen späten Jahren großzügig dem San Francisco Museum ebenso wie der Albertina in Wien je zur Hälfte überließ. Djerassi wartete vergebens auf den Nobelpreis. Ihm hätte jene Auszeichnung auch gebührt. Diese Meinung vertraten nicht nur Millionen Frauen in aller Welt, sondern auch MEDIZIN+KUNST und die meisten unserer ärztlichen Leser.

Ein besonders engagierter  Schreiber für MEDIZIN+KUNST war der Bochumer Dermatologe Dr.med. Helmut Jaeschke, der – gemeinsam mit seiner Frau Dr. Gerda Jaeschke – nicht nur eine Praxis betrieb, sondern auch in einem ererbten Bauernhaus mitten im Industrierevier der modernen Kunst frönte. Viele Kunstschaffende, die Rang und Namen im deutschsprachigen Raum haben, wurden in Jaeschkes Galerie mit ihren Werken präsentiert und oft auch in MEDIZIN+KUNST von Helmut Jaeschke den ärztlichen Lesern umfassend vorgestellt. Darunter befanden sich Namen wie Peter Nagel, Dieter Asmus, Konrad Klapheck und Wolfgang Matteuer, um von den zahlreichen Künstlern nur einige wenige zu nennen.     

Dass Mediziner sogar ihren Beruf aufgeben, um ausschließlich künstlerisch zu arbeiten, kommt zwar sehr selten vor, doch der Gynäkologe Dr. med. Antonio Maro ist dafür ein Beweis. Seine Ehefrau Susan schrieb uns: „Am 11. Dezember 1972 verkaufte Maro sein erstes Bild. Als er mit dem Geld in der Hand nach Hause kam, waren wir alle überglücklich. Das Geld reichte für die Lebensmittel unserer sechsköpfigen Familie eine ganze Woche, und mir kam es vor, als hätte man uns eine ganze Woche „Gratis-Leben“ geschenkt“. Bereits kurze Zeit später reüssierte Antonio Maro mit seinen abstrakten Bildwelten in der Kunstszene und konnte sich sogar ein Schlösschen in Belgien leisten. Wir haben Maro immer wieder mit neuesten Arbeiten in MEDIZIN+KUNST präsentiert. Selbst auf dem Titel war er zweimal zu finden – als tatkräftiger kreativer Maler inmitten seines Ateliers.

Weltberühmt wurde der Anatom Prof. Dr. med. Gunter von Hagens. Er war in der Lage – wie kein anderer zuvor – die Tradition Leonardo da Vincis plastisch fortzuführen, indem er die Darstellung des menschlichen Körpers wissenschaftlich, künstlerisch und ästhetisch in eine neue, noch nie da gewesene Dimension führte. Gleichgültig, wo immer er heute seine Plastinate öffentlich ausstellt, wallfahren – trotz heftiger Kritik –  Zehntausende von Besuchern zu diesen  spektakulären Körperwelten. Wir stellten ihn und seine faszinierenden, aus Leichen  geschaffenen Objekte mehrfach in MEDIZIN+KUNST vor.

Dass Ärzte auch in der Wirtschaft Karriere machen können, bewies exemplarisch der Schweizer Internist Dr.med. Daniel Vasella. Ihm gelang es durch den Zusammenschluss von Ciba-Geigy und Sandoz, den Basler Pharmariesen Novartis zu schaffen, ein international tätiges Unternehmen mit 128.000 Beschäftigten sowie einem Jahresumsatz von rund 55 Milliarden US Dollar, davon 10 Milliarden Reingewinn, das 2013 die Nummer Eins auf dem Pharmasektor weltweit war. Wir stellten Vasella in MEDIZIN+KUNST nicht nur als Konzernchef, sondern auch als Initiator eines architektonisch besonders eindrucksvollen Campus in Basel vor, dem Headquarter von Novartis, entworfen und realisiert von renommierten Architekten mit Namen wie Diener, Sejima, Nishizawa. Gehry, Chepperfield oder Ando. Die regelmäßigen Führungen durch den Campus dauern mehr als zwei Stunden.

Auch die wichtigsten bundesdeutschen Badeorte wurden in MEDIZIN+KUNST besprochen, allen voran Baden-Baden, das heute nicht nur als Kur- und Badestadt, sondern auch als Medien-, Kunst- und internationale Festspielstadt bekannt ist. Bereits die Römer nutzten die Thermalquellen, und im Mittelalter war Baden-Baden Residenzstadt der Markgrafschaft Baden. Im 19. Jahrhundert wurde die Bäderstadt durch die Einnahmen der Spielbank zu einem bedeutenden Treffpunkt des Adels, intellektueller Müßiggänger und des wohlhabenden Bürgertums. Eingeladen von Brenner’s Parkhotel, suchten wir die schönsten Plätze Baden-Badens auf, allen voran die Caracalla Therme, die viel Raum für wohltuende Entspannung und ausgiebiges Badevergnügen in heißem Thermalwasser bietet. In nachhaltiger Erinnerung wird uns auch der Besuch des international bekannten Casinos bleiben, in dem vor uns Gott und die Welt ihr Geld verspielten. Den Eintrag von Christaan Barnard im Gästebuch des Casinos fanden wir besonders gelungen: „Thank you for taking all my money!“

Große Aufmerksamkeit und rege Beteiligung bei der ärztlichen Leserschaft erweckten die Beiträge im „Spiegel von Medizin und Kunst“. Hier schrieben wir über den blutrünstigen Herrscher Heinrich VIII., der in seiner Jugend eine athletische, charismatische und imposante Erscheinung verkörperte, im Alter jedoch chronisch krank, fettleibig und übel riechend langsam zugrunde ging, ebenso wie über dessen Tochter Elizabeth I., die durch eine Typhuserkrankung bereits in jungen Jahren ihre Haarpracht verloren hatte und demzufolge mit pompösen, überdimensionalen rothaarigen Perücken diesen Makel sowie ihr unscheinbares Äußeres zu kaschieren versuchte, was ihr grandios gelang, wie das viele Gemälde von Englands wohl mächtigster Königin bezeugen. Auch zahlreiche weltberühmte Komponisten fanden Eingang in MEDIZIN+KUNST – neben Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Frédéric Chopin natürlich auch Wolfgang Amadeus Mozart, der – künstlerisch gesehen –  als „Liebling der Götter“ galt, medizinisch betrachtet jedoch eher das Bild eines häufig kränkelnden, nicht sehr widerstandsfähigen, zart besaiteten Genies vermittelte.

Sogar ein Buch erschien zu jener Thematik – mit dem Titel „Elisabeth und Ludwig II. – Im Spiegel von Medizin und Kunst“, das sich auf 200 Seiten im Rahmen einer sozialkritischen Studie mit diesen beiden ambivalenten Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, der österreichischen Kaiserin Elisabeth, genannt Sissi, und dem bayerischen Märchenkönig Ludwig II., beschäftigte. Die Ausführungen basierten auf einer nachhaltigen Befundaufnahme und brachten damit mehr Licht in das verworrene Dunkel von nicht belegbaren Vermutungen und fragwürdigen Thesen.

Die finanzielle Basis für MEDIZIN+KUNST beruhte erstlinig auf Einnahmen aus Pharmaanzeigen verschreibungspflichtiger Medikamente. Die Pharmazie war bestrebt, auch auf dem Weg über Printmedien den Arzt als Verschreiber zu gewinnen. Unser Ärztemagazin erwies sich dafür als geeignetes Medium, weil wir auf Grund von Umfragen nachweisen konnten, dass sich die ärztliche Leserschaft besonders nachhaltig mit den Inhalten von MEDIZIN+KUNST befasste. Darüber hinaus setzten wir uns regelmäßig redaktionell mit den unterschiedlichsten werblichen Bemühungen der Pharmazie intensiv auseinander und galten dadurch auf jenem Gebiet als sehr kompetent. Diese unsere  Hinwendung verdeutlichten nachfolgende Aussagen beispielhaft:

Nur wer ausgezeichnet ist, darf auf Auszeichnung hoffen – so lautete das Credo der Jury von MEDIZIN+KUNST bei der alljährlichen Prämierung der interessantesten Pharmaanzeigen. Gute Medikamente und gute Werbung haben eines gemeinsam: sie wirken.

Dies vorausgeschickt, gehört Arzneimittelwerbung häufig zu einer durchaus intellektuellen Herausforderung, die den Arzt als Verschreiber täglich erreicht, wobei von Seiten der Hersteller dem Pluralismus der Veräußerlichung hier nur ethische Grenzen gesetzt werden.

Während manche Pharmaproduzenten Werbung auf hochwissenschaftlichem Niveau betreiben, ziehen andere – nicht minder beeindruckend – pragmatische Lösungen vor, um ihr Medikament gebührend in Szene zu setzen. Andere wiederum bevorzugen spektakuläre Leitmotivlösungen, um dem Einsatz ihrer Erzeugnisse den besonderen visuellen Rahmen zu verleihen.

Gerade autonome Wege in der Werbung tragen oft mit dazu bei, die Erklärungsbedürftigkeit einer Medikation rasch auf den gewünschten Punkt zu bringen, um nachhaltig im Gedächtnis des Arztes haften zu bleiben.

Darüber hinaus stellt diese Form der Werbung auch eine ökonomische Dringlichkeit dar, um von Produzentenseite den Mediziner als Verschreiber dauerhaft zu gewinnen.

Für die Jury von MEDIZIN+KUNST war es jedes Jahr nicht nur ein großes Vergnügen sondern auch eine echte Herausforderung, die besten werblichen Aussagen der Pharmaindustrie zu selektieren und zu prämieren.

Was MEDIZIN+KUNST im Besonderen auszeichnete, war die Tatsache, dass das Ärztemagazin keinen seiner Autoren honorieren musste, alle schrieben in dem Journal erstlinig der Ehre wegen. Darunter fanden sich Nobelpreisträger, weltberühmte Kunstschaffende und herausragende Mediziner, die ausschließlich zu aktuellen Themen einen wichtigen Beitrag leisten wollten, in dem sie namentlich genannt wurden. MEDIZIN+KUNST war mehr als eine Zeitschrift, öffnete Türen, zeigte sich kosmopolitisch, mit herausragenden Titelbildern und einem offenen Blick auf das kulturelle Geschehen weltweit. Zahlreiche Artikel gelten heute noch als Literatur und werden auch in Zukunft essentielle Beiträge zu Medizin und Kunst bleiben.

Die letzte Ausgabe von MEDIZIN+KUNST erschien im Dezember 2015. Darin beschäftigten wir uns redaktionell mit den Frauen in der Medizin, schrieben über die Professorinnen Marion Kiechle, Claudia Bausewein, Brigitte Mayinger und Petra-Maria Schumm-Draeger, zeigten auf, dass zwischenzeitlich zahlreiche Medizinerinnen zu Chefärztinnen, Direktorinnen und Ordinarien berufen wurden, schlossen – neben einer Reihe von anderen hochinteressanten Themen – mit den fotografischen Portraits der vier Damen auf dem Titel von MEDIZIN+KUNST unsere verlegerische Hinwendung nach mehr als 26 Jahren ab. Alle Beteiligten sowie große Teile der ärztlichen Leserschaft bedauerten jene Entscheidung sehr, die auch auf Altersgründen des Herausgebers beruhte, sowie in werblicher und finanzieller Hinsicht der immer dominanter werdenden Rolle des Internets – zum Nachteil der Printmedien – geschuldet war.

Der Gründer  und Herausgeber von MEDIZIN+KUNST, Franz E. Schilke, empfand die Tätigkeit für das Magazin stets als außerordentlich wichtig, informativ und interessant. Er sah dort seine Vorstellungen verwirklicht und trachtete danach, auf journalistischer und verlegerischer Ebene international vernetzt zu sein. Mit dem 72-sten Geburtstag endete auch für ihn nach 26 Jahren das Engagement für das Druckerzeugnis, publiziert in mehr als 4 Millionen Exemplaren, die  vorrangig von Ärzten gelesen wurden.

In Zukunft ist MEDIZIN+KUNST nur noch im Internet dauerhaft und nachhaltig  präsent – mit den bedeutendsten Artikeln aus einer sehr lebendigen kreativen Vergangenheit, die uns heute noch berühren. Dafür trägt Alexander Maria Schilke nunmehr die Verantwortung.